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Gottesdienst in 1960er Jahren


Zu Beginn des Gottesdienstes trafen sich Kinder und Erwachsene im großen Saal. Es wurde viel gesungen: Chorusse, angeleitet vom Pastor, oder von der musikalischen Erika Breite. Auf der Kanzel stehend, gab Erika der Gemeinde mit Handzeichen zu verstehen, welche Tonhöhe gerade gesungen wurde.

Bernhard Ruschke beschreibt die Chorusse als „eingängige Refrains, vorwiegend aus dem amerikanischen eingedeutscht“. Es waren aber auch Eigenkreationen dabei – die absolute Krönung – im wörtlichen Sinne – war sicher die umgedichtete Version von „God save the Queen“: „Amen, Halleluja, Du bist das A und O, Anfang und End“.

Natürlich hatte der Chor seinen Auftritt, begleitet von allerlei Instrumenten – Klassiker wie Mandoline und Wandergitarre waren darunter, aber auch so exotische Schätzchen wie die Waldzither. Und natürlich gab es den Pianisten, der den Gesang mit Akkorden unterstützen durfte. Dazu musste er spontan die richtige Tonart finden, denn er wusste ja nicht, welches Lied der Heilige Geist dem Pastor aufs Herz gelegt hatte! So etwas wie eine Setlist war damals noch kein Thema. Immerhin, mit den Jahren kannten die Pianospieler das Repertoire ihres Pastors. Schwieriger wurde es, wenn ein Gastredner den Gottesdienst leiten durfte. Dann kam es schon mal vor, dass weder Klavierspieler noch Gemeinde das angestimmte Lied kannten, der Gast also unfreiwillig ein Solo singen durfte.

Weil das Klavier links auf der Bühne stand, ganz dicht an der Wand, saß der Klavierspieler mit dem Rücken zum Chorleiter – eigentlich ein Unding, aber findige Köpfe hatten in die Holzverkleidung oberhalb des Notenhalters einen Spiegel eingebaut. Man spielte also mit Rückspiegel Klavier.

Für den Pfingstjubel wurde wiederum die Orgel bemüht, die sich vorne rechts versteckte, hinter einer Verkleidung aus Blechröhren. Was aussah wie gefakte Orgelpfeifen kaschierte in Wirklichkeit eine kleine Rumpelkammer für die Gemeindemusiker.
Nach etwa 20 Minuten gemeinsamen Gesangs teilte man sich auf. Männer, Frauen und Kinder gingen in ihre jeweilige Sonntagsschul-Klasse, bevor sie zur Predigt im Saal wieder zusammenkamen.
Nach dem Gottesdienst konnte man übrigens schon in den 1960er Jahren am Büchertisch stöbern: Elfriede Stritzel und nach ihr Ursula Schulz kümmerten sich um diesen Dienst, bevor er in den 1980er Jahren von Prochor und Christel Schönberger übernommen wurde.